Grund- und Hauptschule mit Werkrealschule Ostfildern
Die Schule ist Teil einer Konversion eines Kasernenareals in Ostfildern bei Stuttgart. Das Gelände war bis in die neunziger Jahre im Besitz der amerikanischen Streitkräfte und damit für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Ein städtebaulicher Wettbewerb bildete die Grundlage für die Umwandlung zu einem neuen Stadtteil – der Siegerentwurf der Architekten Janson + Wolfrum sieht eine Symbiose aus einem Teil der zu erhaltenden Bestandsgebäude, deren Erschließung und der Überlagerung durch neue Bauflächen, Straßen und Plätze vor.
Die Schule, für die ein eigener Wettbewerb ausgeschrieben wurde, bildet den Stadtrand im Nordosten. Zum Programm des zweistufigen Ausbaus gehören eine Haupt- und eine Grundschule sowie eine Dreifachsporthalle mit den notwendigen Freiflächen.
In unserem Entwurf bildet die Sporthalle mit ihrer leicht geschwungenen Wand den städtebaulichen Abschluss des ersten Bauabschnitts. Sie liegt auf der unteren Ebene des südlich um ein Geschoss abfallenden Geländes. Ihre Dachfläche ist mit Spielflächen belegt. Oberlichter aus Glasbausteinen gliedern den Dachaufbau. Die Entlüftungskamine wurden als bauplastisches Element behandelt und wie die Gebäudefassaden in Mauerwerk ausgeführt.
Auf der Westseite entwickelt sich linear, dem alten Straßensystem folgend, der eigentliche Schulbau. Dazwischen liegt der Schulhof mit Bewegungsflächen. Eine begrünte Landschaftstreppe, von der aus man einen Blick auf die weitere Umgebung hat, verbindet den oberen Teil des Schulhofs mit der quer vor der Anlage verlaufenden Stadtpromenade.
Das räumliche Konzept des Schulgebäudes entspricht der städtebaulichen Grundkonzeption des rektangulären Straßensystems. Die benachbarten Bestandswohnbauten lieferten das Maß für die beiden folgenden Bauabschnitte. Die in Ost-West-Richtung verlaufenden Straßen streben direkt auf die Eingänge zu. Der südliche Baukörper folgt dem Gelände und ist an seinem südlichen Ende drei-, auf der Nordseite zweigeschossig. Der zweite Bauabschnitt, der demselben Grundrissschema folgt, ist mit einer Brücke an die Hauptschule angeschlossen.
Die Außenhaut der Gebäude besteht aus Ringofenziegeln, deren relativ grobe Oberfläche und changierende Farbe in Kombination mit groben und verwischten Mauerwerksfugen den Eindruck von etwas Unexaktem, schon lange Dagewesenem und dennoch Neuem vermitteln. Wir stellten damit infrage, dass ein Neubau unbedingt als Novität erscheinen muss, und entzogen uns der Forderung, Architektur müsse in ihrer Erscheinung ein Zeichen der Zeit setzen. Ohnehin galt es an dieser Stelle, der noch jungen Stadt ein Gesicht von Kontinuität zu verleihen, was mit Materialien, die mit dem Alter immer ansehnlicher werden, gut gelingen kann.
Die »innere Straße« des Schulhauses nimmt mittig einläufige Treppen auf. Man betritt das Gebäude über einen Windfang – einen kleinen, relativ dunklen Raum –, der das nachfolgende Volumen sehr viel größer erscheinen lässt. Ein sehr helles, längs über der Erschließung liegendes Oberlicht weist den Weg in die oberen Geschosse. Die Vermauerung der Fassade findet in der »inneren Straße« ihre Fortsetzung. Zu den Eingängen der Klassenzimmer hin wird das Material feiner: Hier konnten wir die zurückliegenden Flächen mit dunkelblauen Fliesen von Alvar Aalto ausstatten.
Bauherr:
SEG Sanierungs- und Entwicklungsgesellschaft
Ostfildern mbH, Ostfildern
Architekten:
Lederer Ragnarsdóttir Oei, Stuttgart
Mitarbeit:
Eva Caspar (Projektleitung), Judith Haas, Alexander Mayer-Steudte, Ulrike Hautau, Cornelia Hund, Pia Elser, Marco Garcia-Barth, Volker Hahn, Markus Horn, Tanja Pfahler, Annette Strauss, Daniel Trepte, Eva Wanner
Tragwerksplanung:
Ingenieurbüro Müller + Müller, Ostfildern
Wettbewerb:
1996 – 1. Preis
Bauzeit:
1996 – 1999 (1. BA)
2000 – 2002 (2. BA)
Standort:
Gerhard-Koch-Straße 6, 73760 Ostfildern
Auszeichnungen
Auszeichnung Beispielhaftes Bauen 2001
Architektenkammer Baden-Württemberg
Auszeichnung Deutscher Architekturpreis 2001
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Nominierung zur Teilnahme am Contemporary Architecture – Mies van der Rohe Award 2001
Fundació Mies van der Rohe Barcelona
Auszeichnung guter Bauten, BDA 2002
Hugo-Häring-Preis, BDA 2002
Beitrag für den Deutschen Pavillon der Architektur-Biennale in Venedig 2004
Veröffentlichungen
dom publishers (Hg.):
Architekturführer Stuttgart
12|2018
Zukunftsfähiger Schulbau – 12 Schulen im Vergleich
Edition Detail, 2017
Lederer, Arno / Ragnarsdóttir, Jórunn / Oei, Marc (Hg.):
Lederer Ragnarsdóttir Oei 1
Jovis Verlag Berlin 2012
Falk Jaeger (Hg.):
Lederer+Ragnarsdóttir+Oei
Berlin 2008
L’architecture d’aujourd’hui
362 | 2006
Das Bauzentrum Baukultur
8 | 2005
Carola Franke-Höltzermann (Hg.):
Neues Stuttgart. Stuttgarter Baukultur 1996 – 2006
Berlin 2005
Karl H.C. Ludwig, Hubert Möhrle (Hg.):
Stuttgart. Ein Begleiter zu neuer Landschaftsarchitektur
München 2005
L’architettura naturale
25 | 2004
Casabella
3 | 2004
Spiegel-Special – Lernen fürs Leben
3 | 2004
Adato
2 | 2004
Christoph Mäckler (Hg.):
Werkstoff Stein, Material, Konstruktion. Zeitgenössische Architektur
Berlin 2004
Markus Brodbeck, Darius Ramazani (Hg.):
40 Räume.
Ludwigsburg 2004
Architektur + Wettbewerbe
193 | 2003
Costruire in Laterizio
94 | 2003
Architecture
9 | 2003
Architektura & Biznes
3 | 2003
Deutsche Bauzeitung
12 | 2002
Werner Durth (Hg.):
Architektur in Deutschland. Deutscher Architekturpreis 2001
Stuttgart 2002
Ullrich Schwarz (Hg.):
Neue Deutsche Architektur – Eine Reflexive Moderne
Ostfildern 2002
Anna Meseure, Ingeborg Flagge (Hg.):
Architektur Jahrbuch 2001
München 2001
Architecture and Urbanism
373 | 2001
Arquitectura Viva
78 | 2001
Stuttgarter Nachrichten
01.08.2001
Stuttgarter Zeitung
31.05.2001
Archithese
2 | 2001
Deutsche Bauzeitschrift
1 | 2001
Annette Schavan (Hg.):
Schulen in Baden-Württemberg.
Moderne und historische Bauten zwischen Rhein, Neckar und Bodensee
Stuttgart 2001
Institut für Internationale Architektur-Dokumentation (Hg.):
Mauerwerkatlas
München 2001
Architekturgalerie am Weißenhof (Hg.):
Drinnen ist anders als draußen
Baunach 2001
Baumeister
9 | 2000
Galerie Aedes (Hg.):
Drinnen ist anders als draußen
Berlin 2000
Architektur + Wettbewerbe
172 | 1997
Fotos
Roland Halbe, Stuttgart